„Die […] nachdrücklich geförderte Erziehung der Studierenden zu tätigen und verantwortungsvollen Gliedern der politischen Gemeinschaft wird nicht allein durch Diskussion über politische Aufgaben und Pflichten erreicht, sondern vor allem durch die Gestaltung eines wirklichen Gemeinschaftslebens in der Hochschule selbst. […] Nach Möglichkeit sollte man versuchen, Fehlentwicklungen nicht durch Verbote, sondern durch die Konkurrenz besserer praktischer Wege zu überwinden.“
(Aus dem Gutachten zur (antifaschistischen) Hochschulreform in der britischen Besatzungszone, 1948)
Das Unternehmen unifilm.de plant in diesem Jahr eine Aufführung der 1943 unter faschistischer Herrschaft gedrehten „Feuerzangenbowle“ an der Universität Hamburg. Die „Feuerzangenbowle“ ist ein Produkt der NS-Propaganda unter Hitler und seinem Propagandaminister Joseph Goebbels, das dem Zweck der Stabilisierung der sogenannten „Heimatfront“ diente. Der Film zielt auf die Verächtlichmachung des Humanismus und vertröstet die Zuschauer auf die Fantasiewelt der vermeintlich „guten alten Zeiten“. So trug die „Feuerzangenbowle“ finanziell und ideologisch zu einer Fortführung des Kriegs und der Vernichtung in den Konzentrationslagern bei.
Die Verharmlosung eines solchen Films im Rahmen eines Kino-Abends mit Glühwein und Mitmach-Aktionen steht im scharfen Widerspruch zum im Leitbild der Universität gefassten Anspruch, zu einer humanen, demokratischen und gerechten Gesellschaft beizutragen. Die im Film eingeschriebene und in seiner Aufführungspraxis reproduzierte Orientierung auf eine rückwärtsgewandte Krisenbeantwortung fällt weit zurück hinter die vielfältigen geschichtsbewussten Aktivitäten der Studierendenschaft in mitgliedergruppenübergreifender Kooperation: Antifaschistische Veranstaltungen zur Erinnerung an die Bücherverbrennung und die Reichspogromnacht, die Würdigung der Weißen Rose, die perspektivreichen Aktivitäten rund um den 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus und Weltkrieg und das Engagement für eine kritisch aufgeklärte Kultur z.B. mit der Kulturwoche sind gelebte Praxis unter breiter Beteiligung.
In Zeiten von Krieg und sozialer Not ist erst recht ein kritischer Umgang mit dem propagandistischen NS-Filmerbe erforderlich: Die Uni Hamburg hat die Möglichkeit und damit die Verantwortung, den Teilnehmer:innen einer Aufführung der „Feuerzangenbowle“ in ihren Räumen eine informierte, historisch bewusste Rezeption zu ermöglichen.
Daraufhin wirken wir mit konsequenter Aufklärung über den reaktionären Gehalt des Films. Bis zum 15. Dezember zeigt die AG Antifaschismus die Ausstellung zum Film „Die Feuerzangenbowle“ von Montag bis Donnerstag ab 16 Uhr im „Syntagma“ (Von-Melle-Park 5, neben dem HaspaCafé). Alle sind herzlich eingeladen!
Hinweisen möchten wir auch auf ein reichhaltiges alternatives Filmprogramm hin zum Jahresende:
Die Kampagne International solidarisch: Schluss mit Austerität! zeigt Mittwoch, den 14.12. um 20 Uhr „Luft zum Atmen“, eine Dokumentation über die Rolle linker Gewerkschafter:innen bei den Streiks bei Opel von den 70ern bis in die 2000er hinein, und zeigt damit den Weg einer vorwärtsgewandten Krisenbeantwortung auf.
Der Campus kann zunehmend ein Ort der international solidarischen, erfreulichen, anteilnehmenden, weltverändernden Verständigung werden und es gibt viele Gründe, sich daran zu beteiligen: Weniger „Feuerzangenbowle“, mehr „Blues Brothers“!